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Lambert Schneider – Verleger

Biographie

 

 

 

*18.04.1900 in Köln; † 26.05.1970 in Heidelberg.

Vater: Adam Schneider
* 29.11.1871 in Bochold bei Borbek [Essen]:
Kaufmann. † vor 1929 in Karlsruhe.
Mutter: Elise Schneider, geb. Kratz.
* 25.02.1873 Daubach/Westerwald.
† 10.07.1955 in Heidelberg.

 

1900-1918 Geboren in Köln. 1903 zieht die Familie nach Karlsruhe. Im Ersten Weltkrieg ist L.S. kurze Zeit Soldat, dann Revolutionär, Spartakist. Bruch mit der katholischen Kirche aus politisch-weltanschaulichen Gründen, jedoch nach eigener Aussage weiterhin ein „zutiefst religiöser Mensch“ und zugleich Sozialist.
1919-1924 Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft in München. Dort Kontakte zu Karl Valentin und Liesl Karlstadt. In der Freizeit Theaterspielen und Bergtouren. Beschäftigung mit Psychoanalyse und Religionswissenschaft und hierdurch erwachendes Interesse am Judentum. Abbruch des Studiums.
1924-1933 1924 Heirat mit Gertrud Schimmelburg (* 08.08.1903 in Zürich; † 10.05.1934 Saint Martin-le-Vinoux, bei Klettertour am Mont Blanc).

Gertruds Vater Hugo Schimmelburg hat, wie aus einem Brief an dessen Enkelin Marianne Gouray, geb. Wilmersdoerffer (die Nichte von Gertrud Schimmelburg) hervorgeht, das Verlagsprojekt von LS finanziell maßgeblich unterstützt, vielleicht überhaupt erst ökonomisch tragfähig gemacht.

Lambert Schneider, 1917.

Lambert Schneider während seines Studiums in München, als Schauspieler, ca. 1922.

L.S.mit seiner Frau Gerda Schimmelburg (Mitte) und mit Ilse Schneider, der Frau seines Bruders (l.) am Mummelsee, 1925.

Übersiedlung nach Berlin-Dahlem in ein von dem Architekten Otto Schirle entworfenes avantgardistisch modernes Domizil in der Schorlemer Allee.

Gründung des Verlags Lambert Schneider: Als damals 25-Jähriger mit einer glühenden Begeisterung und einem tiefen Interesse für das Judentum, für ökumenische und politische Fragen, für die Schöne Literatur und nicht zuletzt für Schrift- und Buchgestaltung, bei der Jakob Hegner maßgebend für ihn wird. Dieser Impetus und diese Interessen sollten den Verlag von Beginn an über die Jahrzehnte prägen.

Signet des Verlags.

1925 knüpft Lambert Schneider den Kontakt zu dem damals berühmtesten jüdischen Religionsgelehrten  Martin Buber in Heppenheim und trägt ihm sein Ansinnen vor, endlich eine wortnahe und authentisch jüdische Übersetzung des Alten Testaments aus dem Hebräischen ins Deutsche in seinem Verlag herauszubringen. Buber willigt unter der Bedingung ein, den Historiker und Philosophen Franz Rosenzweig als Mitübersetzer hinzuzuziehen. In den folgenden Jahren der Zusammenarbeit werden Buber, Rosenzweig und L.S. enge Freunde. Das nicht nur philologisch und religionswissenschaftlich, sondern auch finanziell herausfordernde Projekt wird bestimmend für den weiteren Verlauf der Verlagstätigkeit. Von 1925 bis 1931 erscheinen 11 Bände dieser Verdeutschung des Alten Testaments im Verlag L.S., drei weitere dann im Schocken Verlag (s. u.); abgeschlossen wird das Projekt erst 1962.

Eine Auswahl der ersten Titel des jungen Verlags zeigt, was den jungen Verleger bewegt:
1925 Die Schrift [Biblia]: Zu verdeutschen unternommen von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig. (1) das Buch im Anfang. [Genesis].

Immanuel Kant: Träume eines Geistersehers, erläutert durch die Träume der Metaphysik.

Neue Deutsche Druckschriften: Ehmke Antiqua.

Fred Neumeyer: Ausrast und Wanderschaft. Gedichte.

1926 Die Kreatur. Eine Vierteljahresschrift (drei Jahrgänge erschienen), herausgegeben von Martin Buber [Jude], Viktor von Weizsäcker [Protestant] und Joseph Wittig [Katholik].

Jehuda Halevi: 92 Hymnen und Gedichte.

Franz Rosenzweig: Die Schrift und Luther.

Eugen Rosenstock: Religio depopulata. Zur Ächtung Joseph Wittigs [eines katholischen Theologen und christlichen Archäologen, der wegen einer Schrift gegen die Beichtpraxis und -theologie von der päpstlichen Amtskirche exkommuniziert wurde].

1927-1933 Zu den religionswissenschaftlichen und philosophischen Themen kommen spezifisch politische hinzu, z. B. Gustav Landauers Schriften „Aufruf zum Sozialismus“ und „Aufsätze über den Krieg“.

Martin Bubers und Franz Rosenzweigs Bibelübersetzung, in Einzelbänden, ab 1925 im Verlag Lambert Schneider erschienen.

1934 Heirat mit Marion Schleuning (* 23.06.1903 in Berlin; † 01.06. 2000 in Hamburg).

Marion Schleuning lebte in Berlin in einer Wohngemeinschaft mit dem Maler und Zeichner George Grosz und akquirierte Anzeigen für die Zeitschrift Die Weltbühne und war daher auch gut bekannt mit Karl von Ossietzky und Kurt Tucholsky. Durch ihre Tätigkeit lernt sie den Verleger Lambert Schneider kennen. Beide sind von ihrer Sozialisation her schon damals zutiefst überzeugte „Anti-Nazis“, was sich in den folgenden Jahren nicht ändern wird.

Marion und Lambert Schneider, Anfang der 30er Jahre

Mehrmonatige Reise von LS und seiner Frau Marion mit dem befreundeten Maler Georg Muche nach Ober- und Mittelitalien zum Studium der Freskotechnik seit der Renaissance. Georg Muche hat diese von LS organisierte Reise und die dort mit ihm geführten Gespräche in seinem 1938 erschienenen Buch „Buon Fresco“ geschildert [Lambert Schneider dort jeweils als L bezeichnet].

1933-1945 Der Verlag kann in der nationalsozialistischen Phase Deutschlands keine neuen Titel der genannten Art mehr herausbringen. Die bereits publizierten Bücher werden aber noch bis 1936/37 weiter ausgeliefert. Danach erscheinen philosophische Texte, vor allem aber Klassiker der Weltliteratur in elegant schlichten Editionen: Gollias, Lieder der Vaganten [=Carmina Burana]; Aristophanes, Komödien; Platon, Werke; Shakespeares Werke und die seiner Zeitgenossen; Blaise Pascal; Novalis; diverse Lyrik-Anthologien. Manche der in jener Zeit erschienenen Werke wurden noch von befreundeten jüdischen Gelehrten wie z.B. Erich Löwenthal redaktionell bearbeitet, ihre Mitwirkung durfte jedoch nicht mehr in der gedruckten Ausgabe vermerkt sein.

 

Als Folge der Weltwirtschaftskrise, aber auch durch Einschränkungen seitens des Nazi-Regimes reduziert sich die Verlagstätigkeit auf ein Minimum. In dieser Situation wendet sich Lambert Schneider auf Anraten von Leo Baeck an Salman Schocken, den Geschäftsmann, Philanthropen und Sammler wertvoller Bücher und Handschriften, den Gründer und Mitbesitzer einer gleichnamigen Kaufhauskette und Inhaber des neu gegründeten Schocken-Verlages in Berlin. L.S. wird 1932 Leiter dieses Verlages und betreut fortan neben seinem eigenen Verlag die Buchproduktion des Schocken-Verlags, namentlich die Schocken-Bücherei, in Zusammenarbeit mit dem zwei Jahre jüngeren Indologen und Typographen Moritz Spitzer. 1938 wird ‚Ariern‘ die Leitung jüdischer Betriebe untersagt, also auch L.S., weshalb Moritz Spitzer die Leitung des Verlages übernimmt. Noch im selben Jahr wird der Schocken-Verlag zwangsweise geschlossen; Spitzer emigriert 1939 nach Palästina. Zwischen Lambert Schneider und Moritz Spitzer ist eine lebenslange Freundschaft entstanden.

Die Schocken-Bücherei

Weitere wichtige Freunde und Weggefährten für Lambert Schneider sind in dieser Zeit und auch später Michael Brink (katholischer Publizist; Zusammenarbeit mit Widerstandskreisen; Taufpate des Sohnes Lambert Schneider; 1944/45 in den KZs Ravensbrück und Sachsenhausen), Bruno Henrich (Kunsthistoriker, Privatgelehrter), Volodja Leventon (Bankier, 1937[?] in die USA emigriert), Eva Zilcher (Schauspielerin), Hans Haustein (Fotograf), Georg Muche (Maler, Bauhaus-Künstler), sowie die Autoren Ernst Michel, Ernst und Sophie Wasmuth und Fred Neumeyer (Kunsthistoriker; in die USA emigriert). L.S. und seine Frau Marion sind durch ihre jüdischen Freunde und durch ihre Freundschaften mit liberalen Gesinnungsgenossen sowie durch Kontakte zur Berliner Jüdischen Gemeinde wohlinformiert über die Gräuel der Nazis, nicht nur in Deutschland, sondern auch in den von der Wehrmacht eroberten Gebieten. Beide müssen in jenen Jahren ein tapferes und einander ergänzendes Paar gewesen sein: er enthusiastisch, hoch engagiert, sie pragmatisch und stets mutig und zu riskantem Helfen bereit.

In den Sommermonaten unternehmen die beiden ausgedehnte Reisen mit Zelt und Zeltanhänger nach Italien und Frankreich, zum Teil mit den genannten Freunden.

In Italien, 30er Jahre.

V. l. n. r.: Eva Zilcher; Marion Schneider; Bruno Henrich; Lambert Schneider

Monasterace (Kalabrien). Einheimische zu Besuch im Zeltanhänger (Foto Hans Haustein).

1938 und 1940 wird Lambert Schneider für jeweils wenige Monate zur Wehrmacht eingezogen, jedoch rasch wieder für die Verlagsarbeit freigestellt (UK ‚Unabkömmlichstellung‘). Für 2 Monate in das Gefangenenlager Stablack (Ostpreußen) abkommandiert, erlebt er dort mit Entsetzen die Behandlung der Kriegsgefangenen aus Belgien und Frankreich, deren Tod durch Erfrieren und Verhungern bewusst hingenommen wird.

1943 fallen das Verlagsbüro in Berlin und das Buchlager in Leipzig Bombenangriffen zum Opfer; die Familie zieht aufs Land in die Eifel: zuerst nach Nideggen (noch mit Möbeln und einem Teil der Privatbibliothek), dann – nach Zerstörung des Hauses – nach Stärklos, nun in einen Kellerraum bei unwilligen Bauern. Im letzten Kriegsjahr erhält L.S. noch einen Stellungsbefehl zum ‚Volkssturm‘. Im Winter 1944/45 wird er vor diesem und vor Repressalien seitens der GESTAPO bewahrt durch einen Auftrag der Organisation Todt, vermittelt durch den Fotografen Oswald zu Münster und einen gewissen Walter Böcker. Er erhält den Befehl, in Zügen kreuz und quer durch Deutschland zu fahren und nach Papierbeständen Umschau zu halten, die es in Wirklichkeit schon gar nicht mehr gegeben hat. So haben ihn ausgerechnet Beamte jener Nazi-Organisation, die seine Gesinnung und verlegerische Tätigkeit sehr wohl gekannt haben, in der letzten Phase des Krieges geschützt.

1943 Geburt des Sohnes Lambert Adam Schneider.
1945-1950 Bereits in den letzten Kriegsjahren und dann auch in den Notzeiten danach wächst die Kleinfamilie zur Großfamilie, indem sie Kinder von Freunden und Verwandten aufnimmt – darunter: Bärbel Kleine (Tochter des befreundeten Juristen Heinz Kleine), später Karola Sander und – bereits als Jugendliche – von 1945 bis 1954 Waltraut Schleuning (eine Nichte von Marion Schneider), die später auch im Verlag mitarbeitet. Seit 1949 bis zu ihrem Tod 1955 lebt auch L.S‘s Mutter Elise, geb. Kratz, im Haushalt von Marion und Lambert Schneider.

Nach Eroberung der Eifel durch die amerikanischen Streitkräfte 1945 wird L.S., dessen Verbleib in den USA recherchiert worden war, von den für Kulturfragen zuständigen amerikanischen Militärs mit der Fortführung seines Verlages betraut. Er erhält in Deutschland die Verlags-Lizenznummer 3. Auf Anraten von Alfred und Marianne Weber in Heidelberg entscheidet sich L.S., nicht nach Berlin zurückzukehren, sondern den Verlag in Heidelberg fortzuführen. Für kurze Zeit wird er zudem mit der kommissarischen Leitung des Carl Winter Universitätsverlags in Heidelberg betraut. Am 10. November 1945 erscheint (in beiden Verlagen zugleich) das erste Heft der Monatsschrift Die Wandlung. Es ist die Visitenkarte des kulturellen Neubeginns. Die Mitwirkenden sind Karl Jaspers, Werner Krauss, Alfred Weber und Dolf Sternberger. Unter Alfred Weber schließen sich in Heidelberg Menschen unterschiedlicher politischer Lager zur „Aktionsgruppe zur Demokratie und zum freien Sozialismus“ zusammen, deren Vorsitzender Lambert Schneider wird.

 

Maßgeblich beteiligt ist Lambert Schneider in der Nachkriegszeit am Entwurf und der Ausarbeitung eines an demokratischen Werten orientierten Curriculums und einer Prüfungsordnung für die Verlags- und Buchhändler-Ausbildung; er ist Vorsitzender der Prüfungskommission im Kreis Heidelberg/Neckar.

In den ersten Nachkriegsjahren erscheinen im Verlag L.S. in dichter Folge zahlreiche Titel – wegen untadeligen Verhaltens in der Nazizeit und aus Mangel an ‚entnazifizierten‘ Verlegern in Deutschland auch solche außerhalb des bisherigen Spektrums des Verlages. So z.B. die Süddeutsche Juristenzeitung (1946); Karl Jaspers, Die Schuldfrage (1946); Walter Hallstein, Wiederherstellung des Privatrechts (1946); Gustaf Radbruch, Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht (1946); Die Friedensverträge mit Italien, Rumänien, Bulgarien und Finnland ; Bürgerliches Gesetzbuch. Sodann Einzelschriften aus dem Gebiet der Psychologie und die Zeitschrift Psyche – Ein Jahrbuch für Tiefenpsychologie und Menschenkunde [4 Jahrgänge], herausgegeben von Alexander Mitscherlich und Fred Mielke. Schließlich, in jenen Jahren noch vielfach geschmäht und angefeindet, Schriften zur Aufarbeitung der ‚medizinischen‘ Naziverbrechen: Alexander Mitscherlich und Fred Mielke, Das Diktat der Menschenverachtung. Eine Dokumentation vom Prozeß gegen 23 SS-Ärzte und deutsche Wissenschaftler (1947); Viktor von Weizsäcker, Euthanasie und Menschenversuche ( 1947); Alexander Mitscherlich und Fred Mielke, Wissenschaft ohne Menschlichkeit. Medizinische und eugenische Irrwege unter Diktatur, Bürokratie und Krieg (1949).

Deutsche Erstausgabe von Anne Franks Tagebuch im Verlag Lambert Schneider, 1950.

1949 kommt der Vater von Anne Frank mit dem Tagebuchmanuskript seiner im KZ Bergen-Belsen ums Leben gekommenen Tochter aus den Jahren 1942/44 zu Lambert und Marion Schneider nach Heidelberg. Kindertagebücher haben nicht zum inhaltlichen Spektrum des Verlages gehört, aber nach Lektüre des Typoskripts steht der Entschluss fest, dieses Dokument zu publizieren. So erscheint, damals zunächst noch wenig beachtet oder allenfalls angefeindet, die erste deutsche Ausgabe von Anne Franks Tagebuch im Verlag Lambert Schneider: Das Tagebuch der Anne Frank. 14. Juni 1942 bis 1. August 1944. Mit einer Einführung von Marie Baum. Aus dem Holländischen übertragen von Anneliese Schütz (1950).

 

Neben den genannten Titeln liegt der Schwerpunkt der Verlagsproduktion jener Jahre auf der sorgfältigen Herausgabe von Weltliteratur in deutschen Übersetzungen, teils auch zweisprachig (u.a. Charles Baudelaire, Clemens Brentano, Paul Claudel, Arthur Rimbaud) sowie von deutscher Dichtung; dazu Anthologien wie Sturm und Drang; Gedichte der Romantik, usw.). Hinzu kommen Essays und Gedichte von befreundeten Autoren, u.a.: Walther Bulst, (Latinist); Petra Clemen (Grafikerin); Wilhelm Lehmann (Dichter); Fred Neumeyer (Kunsthistoriker); Walter Schwagenscheid (Architekt); Dieter Wyss (Psychiater); Ewald Wasmuth (Philosoph).

1950-1970 Die Zeit bis 1965 ist verlegerisch Summierung, Abrundung. Zwar erscheinen zahlreiche neue interessante Titel, doch die intellektuell und gesellschaftspolitisch innovativste Phase geht um 1952 ihrem Ende zu. Es erscheinen noch weitere Schriften von Martin Buber (Urdistanz und Beziehung, 1951;Die chassidische Botschaft, 1952;Zwischen Gesellschaft und Staat, 1952;Schriften über das dialogische Prinzip, 1954; Schuld und Schuldgefühle, 1958); auch eine Ausgabe von Martin Bubers Gesamtwerk und seines umfangreichen Briefwechsels wird begonnen. Im Verlagsprogramm präsent ist Franz Rosenzweigs bedeutendes Werk Stern der Erlösung (1954 in dritter Auflage; ursprünglich im von L.S. geleiteten Schocken-Verlag in Berlin erschienen) sowie das monumentale Werk von Eugen Rosenstock-Huessy, Die Sprache des Menschengeschlechts. Eine leibhaftige Grammatik in vier Teilen (1963).

Den – vor allem auch für den Absatz wichtigen – Schwerpunkt der Verlagsproduktion bilden Klassiker-Ausgaben in ästhetisch ansprechendem, schlichtem, modernem Design, häufig parallel als Leinen- und Lederbände, mitunter auch mit Pergamenteinbänden. U.a.: Platons Werke; Shakespeares Werke; Shakespeares Zeitgenossen; die Legenda Aurea des Jacobus de Voragine;Carmina Burana; Abelard; Nachtwachen des Bonaventura; Verlaine; Baudelaire; Rimbaud; Mallarmé; Byron; Rossetti; Blake; Shelley; Keats; Novalis; August Graf von Platen; Wackenroder. Gedichtanthologien:Deutsche Gedichte des 16. und 17. Jahrhunderts; Deutsche Gedichte der Klassischen Zeit; Deutsche Gedichte der Romantik und des Jungen Deutschland .

Buchausstattungen von Titeln des Verlags nach 1955. Charakteristisch sind die schlanke Gesamtform und die weit oben, knapp unter dem Rand angesetzten Titelvignetten – ein Gestaltungsmerkmal, das Lambert Schneider von Jakob Hegner übernommen hat.

Lambert Schneider hat die Titel, die er in seinem Verlag herausbrachte, nicht nur stets selbst ausgewählt (oft nach Diskussion und Abwägung mit seiner Frau Marion), sondern die Bücher zumeist auch selbst gestaltet. Er hat jeden der Texte – abends am Schreibtisch sitzend, wenn die laufende Arbeit des Tages erledigt war – redigiert, hat die ihm passend erscheinenden Drucktypen verwendet, das Layout der Seiten bestimmt, die Papiere für den Druck ausgesucht und schließlich auch die Einbandentwürfe mit den jeweiligen Buchbindern besprochen (in Heidelberg häufig mit der Buchbinderei Willy Pingel). Alle Druck- und Bindearbeiten wurden an Fremdfirmen vergeben, denn der Verlag besaß weder in Berlin noch später in Heidelberg eine eigene Druckerei. Im Grunde war der Verlag, vor allem nach dem Krieg, ein Ein-Mann-Unternehmen. Wenn das Geschäft gerade florierte, wurde eine Buchhalterin eingestellt und allenfalls noch ein Angestellter für diverse Aufgaben. Das ‚Verlagshaus‘, das einige Kollegen oder auch fremde Autoren zuweilen besichtigen wollten, bestand aus zwei Räumen im Souterrain eines Mietshauses, in dem sich weiter oben die Wohnung und die kostbare Privatbibliothek befanden; das Bücherlager war in drei Garagen im Hinterhof untergebracht. So fand die eigentliche Verlagsarbeit abends im privaten Arbeitszimmer von L.S. statt, wenn nicht gerade bei Wein und Zigaretten mit Freunden diskutiert, Musik gehört und gefeiert wurde.

Bücher müssen nicht nur produziert, sondern auch verkauft werden. Marion Schneider ist es, die über Jahrzehnte diese schwierige und undankbare Aufgabe übernimmt. Als Vertreterin des Verlages reist sie mit schwerer Belegexemplar-Tasche kreuz und quer durch Deutschland und besucht die Buchhändler, um sie zum Kauf oft schwer absetzbarer Bücher zu bewegen. Nicht nur mit Blick auf die Zeit nach Not und Krieg schreibt deshalb L.S. in seinem 1965 erschienenen Verlags-Almanach: „Den größten Dank schulde ich meiner tapferen Frau Marion, damals und heute noch“.

L.S. und seine Frau Marion nach einem langen Arbeitstag an ihrem Stand auf der Frankfurter Buchmesse. 1959?

Von 1951 bis 1965 ist Lambert Schneider Bevollmächtigter des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und verbringt deshalb einen Teil seiner Arbeitszeit in Frankfurt. Hinzu kommen Aufgaben als Berater der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und als Jurymitglied für die Auswahl der Villa-Massimo-Preisträger in Rom sowie als Mitinitiator und Organisator des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels; die jeweiligen Festreden auf die Preisträger und die Reden der Preisträger erscheinen im Verlag L.S. Auch die Veröffentlichungen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und – auf Anregung von Theodor Heuss – die Reden und Gedenkworte des Ordens Pour le Mérite kommen bei L.S. heraus.

In den 60er Jahren führt L.S. vielbeachtete und in der Presse ausführlich rezensierte Vorlesungsreihen und Diskussionsabende durch, die den Impetus des nunmehr gealterten Verlegers noch einmal unterstreichen, Themen wie: Streifzug durch Sturm und Drang; Der junge Goethe und seine Zeit; Günter Grass >Die Blechtrommel<.

In seinem 1965 erschienenen Verlagsalmanach Rechenschaft. 1925-1965 gibt L.S. Einblicke in seine verlegerische Tätigkeit, wobei er vor allem seine Autoren sprechen lässt; hier findet sich auch ein Verzeichnis der im Verlag erschienenen Titel bis zu diesem Zeitpunkt.

Ab Mitte der 50er Jahre nehmen Lambert Schneider und seine Frau Marion ihre Reisen in den Süden wieder auf: Weiterhin mit Zelt oder Zeltanhänger, und nun mit Sohn Lambert und häufig mit den Freunden Jura Lewenton und seiner damaligen Frau Hanne. Kein romanisches Kapitell, keine Marmorkanzel, kein Fresko, kein Gemälde in einer Galerie, keine noch so entlegene Ausgrabungsstätte, die nicht aufgesucht, eingehend betrachtet und auch fotografiert wird. Die Reisen führen die Familie durch Deutschland, nach Österreich, Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland und wurden von L.S. sorgfältig vorbereitet, denn es hat damals noch wenig brauchbare kunsthistorische Reiseliteratur gegeben. Manche Kunststätten sind mit dem Auto nicht zu erreichen, sondern müssen ‚erwandert’ werden. In den Abruzzen oder den spanischen Pyrenäen etwa ist manch abgelegene Kirche nur nach längeren Fußmärschen erreichbar und erst zu besichtigen, wenn man den Ziegenhirten mit dem entsprechenden Schlüssel ausfindig gemacht hat.

Mit Zelt ‚im Süden‘ auf kunsthistorischer Besichtigungstour, Mitte der 50er Jahre.

Lambert Schneider stirbt am 26.05.1970 an einer Krebserkrankung, die er sich durch jahrzehntelanges Rauchen zugezogen hatte, im Kreis seiner Angehörigen. Trotz seines frühen und nie widerrufenen Austritts aus der katholischen Kirche und der hiermit verbundenen Exkommunikation wird er von Richard Hauser, dem Dekan der Jesuitenkirche in Heidelberg (einem Freund der Familie und Autor des Verlages) ausgesegnet und auf dem Heidelberger Bergfriedhof beigesetzt.

Der Verlag wird nach L.S.‘s Tod von dem Verleger Lothar Stiehm unter dem alten Verlagsnamen weitergeführt und gelangt 1991 über Heinz M. Bleicher 1999 an die Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, nachdem zuvor die Rechte am Gesamtwerk von Martin Buber an das Gütersloher Verlagshaus abgetreten worden sind.

Das Verlagsarchiv (fast die komplette Zahl der herausgebrachten Editionen sowie ein Teil der Verlagskorrespondenz) befindet sich seit 2001 im deutschen Literaturarchiv Marbach, weitere Korrespondenz im Israel-Museum, Jerusalem.

Marion Schneider lebte nach dem Tod ihres Mannes weiter in Heidelberg, zog 1985 nach Hamburg und verbrachte ihre letzten Jahre in der Familie ihres Sohnes Lambert Schneider und seiner Frau Monika Debes-Schneider.

Lambert Schneiders und Marion Schneiders Grabsteine befinden sich heute auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg.